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Die Sammlung

Der visionäre Geist der Klassischen Moderne

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Die Sammlung

Der visionäre Geist der Klassischen Moderne

Einige Werke in der aktuellen Sammlungspräsentation Die Kunst der Gesellschaft zeugen vom visionären Geist der Kunstschaffenden in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Die Ausstellung umfasst auch die Zeit zwischen den beiden Weltkriegen, in der Mies van der Rohe selbst in Berlin lebte und zu einem international anerkannten Architekten wurde.

In der Bildenden Kunst um die Wende zum  20. Jahrhundert findet sich häufig die Vision einer neuen Gesellschaftsform thematisiert, die eine nostalgische Rückkehr zur Natur beinhaltet. Georg Kolbes Gemälde Die Goldene Insel  zeigt an einer Felsküste stehende Menschen in Rückenansicht, die auf eine von Licht beschienene Insel in der Ferne blicken. Visualisiert ist die Sehnsucht nach dem vermeintlich verlorenen Paradies, das im jüdisch-christlichen Verständnis zu Beginn der Menschheitsgeschichte existiert und als positives Gegenbild zur Industrialisierung und dem Leben in der Großstadt gesetzt wird. Die Insel im Bild scheint jedoch kein konkretes Arkadien zu sein, zu dem die Menschen streben, sondern eher ein Symbol  des ewig Unerreichbaren.

 

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Georg Kolbe, Die Goldene Insel, 1898
© Staatliche Museen zu Berlin, Nationalgalerie / Foto: Reinhard Saczewski

Die Entstehung von Rudolf Bellings Skulptur 23 fällt in die Zeit der Industrialisierung, in der immer neue technische Errungenschaften sich rasant ablösen. Vor diesem Hintergrund gehört die Vision von künstlichen Menschen zum festen Bestandteil der Unterhaltungskultur. In Filmen wie Alraune (1918) oder Metropolis (1927) werden utopische Zukunftsvisionen entworfen. Der Begriff „Roboter“ taucht erstmals in dem Drama W.U.R. Werstands Universal Robots (1920) von Karel Čapek auf, das 1923 im Berliner Theater am Kurfürstendamm als Theaterstück aufgeführt wird. Daran anknüpfend entwirft Belling seine futuristische Skulptur aus hochglänzend poliertem Messing und Draht, bei der die menschliche Physiognomie auf geometrische Grundformen reduziert ist. Die Skulptur 23 ist als Maschinenwesen charakterisiert und verfügt über ein bewegliches Augenlid.

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Rudolf Belling, Skulptur 23, 1923/1966
© VG Bild-Kunst
© Staatliche Museen zu Berlin, Nationalgalerie / Foto: Reinhard Friedrich

Die Maler der Brücke streben auf der Suche nach einem vermeintlich ursprünglichen, von der Zivilisation unverdorbenen Leben nach einem Einklang mit der Natur – eine Utopie, die auch in ihrer Faszination für den Südpazifik einen Ausdruck findet. In ethnographischen Sammlungen deutscher Museen begegnen sie Objekten aus Ozeanien, von denen sie sich zu einer reduzierten Formensprache inspirieren lassen. Das Gemälde Max Pechsteins Am Strand von Nidden zeugt darüber hinaus von der Bewunderung für die auf Tahiti entstandenen Gemälde von Paul Gauguin. Indem Pechstein seine Frau Lotte im Stil Gauguins exotisiert und den Südpazifik mit dem ostpreußischen Fischerdorf Nidden auf der Kurischen Nehrung in Bezug setzt, holt er sich den Traum vom fernen Paradies gewissermaßen nach Hause. 1914 unternimmt das Paar tatsächlich eine Reise nach Palau, ihrem exotischen Sehnsuchtsort im Südpazifik.

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Max Pechstein, Am Strand von Nidden, 1911
© Max Pechstein Urheberrechtsgemeinschaft, Hamburg/Tökendorf
© Staatliche Museen zu Berlin, Nationalgalerie / Foto: André van Linn

Das Mondweib gehört zu den sogenannten „kosmischen Bildern“ von Otto Dix. Dabei handelt es sich um Gemälde, die in einer kurzen Werkphase nach der Rückkehr des Künstlers aus dem Ersten Weltkrieg entstehen. Während die zwischen Erde und Himmel schwebende, aus Kreissegmenten aufgebaute Figur auf die Bilder Marc Chagalls verweist, ist die zeichenhafte Darstellung der nächtlichen Stadt von Paul Klee beeinflusst. Ebenso kann das Werk als ein von den Schriften Friedrich Nietzsches geprägtes Sinnbild für den Kreislauf des Lebens verstanden werden. Im Gesicht des Mondweibs finden sich weibliche und männliche Züge vereint, Symbole christlicher Ikonografie überlagern sich mit erotischen Anspielungen zu einer transzendenten Vision.

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Otto Dix, Das Mondweib, 1919
© VG Bild-Kunst
© Staatliche Museen zu Berlin, Nationalgalerie / Foto: André van Linn

Mit seinem Gemälde Palast im Vorübergehn hat Paul Klee eine traumartige Architekturvision vor einem grünlich leuchtenden Hintergrund entworfen. Der Titel weist darauf hin, dass mit der Darstellung des skizzenhaft ausgeführten, stark reduzierten Formengebäudes ein flüchtiger Betrachtungsmoment wiedergegeben werden soll. Es ist der Versuch, die Welt in Bewegung zu zeigen, vielleicht aus der Sicht des Kindes, das kaum kenntlich am unteren Bildrand mit einem Hund vor dem Panorama entlang spaziert. Gleichzeitig wirkt die feingliedrige Architektur wie eine phantasievolle Zusammensetzung von bruchstückhaften Erinnerungen an italienische wie auch orientalische  Städte. Zwei in unterschiedliche Richtungen aus dem Bild weisende Pfeile in den Farben Schwarz und Rot dynamisieren den architektonischen  Bildraum, der seiner eigentlichen Statik enthoben  scheint. Klees Werk steht in enger Verbindung zu seiner 1921 begonnenen Lehrtätigkeit für das Bauhaus, das mit der Zusammenführung von Kunst und Handwerk einen „neuen Bau der Zukunft“ errichten will und an der Utopie einer besseren Gesellschaft festhält.

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Paul Klee, Palast im Vorübergehn, 1928
© Staatliche Museen zu Berlin, Nationalgalerie / Foto: Jens Ziehe