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Die Staatsbibliothek als Heterotopie

Zum kreativen Potential von Hans Scharouns Leselandschaft

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Die Staatsbibliothek als Heterotopie

Zum kreativen Potential von Hans Scharouns Leselandschaft

Nach Einschätzung Michel Foucaults existieren in jeder Zivilisation zahlreiche mit kulturellen Bedeutungszuschreibungen aufgeladene Gegenorte: „tatsächlich realisierte Utopien, in denen die wirklichen Plätze innerhalb der Kultur gleichzeitig repräsentiert, bestritten und gewendet sind, gewissermaßen Orte außerhalb aller Orte, wiewohl sie tatsächlich geortet werden können. Weil diese Orte ganz andere sind als alle Plätze, die sie reflektieren oder von denen sie sprechen, nenne ich sie im Gegensatz zu den Utopien die Heterotopien.“

Zu solchen lokalisierten Utopien zählt Foucault nicht zuletzt Bibliotheken. Dass die Qualifizierung als heterotopischer Gegenort für Hans Scharouns Staatsbibliothek zutrifft, dürfte auch der ikonischen Lesesaalszene in Wim Wenders‘ „Der Himmel über Berlin“ geschuldet sein, gelingt es ihm doch, das Fluidum, den kulturellen Überschuss dieses Raums in eine poetische Bildsprache zu übersetzen. In jener Sequenz durchschreiten die Engel Damiel und Cassiel die Leselandschaft – begleitet von einem unablässig raunenden Gemurmel, dessen Quelle unklar bleibt: Werden hier die Gedanken der Anwesenden hörbar, oder stammt dieses Klangkontinuum von den Buchrücken im Regal, die die Inhalte der darin aufgestellten Werke in den Raum übertragen?

Dabei ist es wohl gerade die von Wim Wenders beschworene Kopräsenz nicht nur der abwesend Anwesenden, sondern auch der in Buchform auskristallisierten Gedanken, die den heterotopischen Lesesaal der Staatsbibliothek zu einem kreativen Milieu macht–entstehen doch bedeutende wissenschaftliche wie auch belletristische Werke–von Judith Schalansky, Eva Menasse, Stefanie de Velasco, Ann Cotten u.a. – überwiegend im Lesesaal der Staatsbibliothek.

01

Film-Still aus dem Film ‚Der Himmel über Berlin‘ von Wim Wenders. Bruno Ganz als Engel Damiel im Lesesaal der Staatsbibliothek.

1987

„This building is a miracle!“ – Ausruf des italienischen Architekten Renzo Piano, als er am 6. Mai 2006 das Haus Potsdamer Straße der Staatsbibliothek zu Berlin besuchte und von Generaldirektorin Barbara Schneider-Kempf durch das Gebäude geführt wurde.

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Ein Blick in Hans Scharouns Leselandschaft.

Foto: Ralf Stockmann, 2014

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Ein Blick in Hans Scharouns Leselandschaft.

Foto: Ralf Stockmann, 2014

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Regiepult für die Lichtsteuerung der Leselandschaft.

Foto: Ralf Stockmann, 2014