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Die Staatsbibliothek als Hyperraum

Zum utopischen Potential von Hans Scharouns Leselandschaft

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Die Staatsbibliothek als Hyperraum

Zum utopischen Potential von Hans Scharouns Leselandschaft

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Ansprache des Architekten Hans Scharoun bei der Grundsteinlegung der Staatsbibliothek am Kulturforum am 10. Oktober 1967.

© bpk

Auch 55 Jahre nach ihrer Grundsteinlegung hat Hans Scharouns Vision einer Bibliothek nichts von ihrer radikalen Modernität eingebüßt. Vielmehr scheint es, als könne erst die Bibliotheksarchitektur des 21. Jahrhunderts das utopische Potential seines Entwurfs entfalten. Denn der von Scharoun intendierte Raumeindruck einer unbegrenzten richtungslosen Leselandschaft wurde von Anfang an als Herausforderung wahrgenommen. So beklagte etwa Edgar Wisniewski bereits 1978, die nachträglich eingebauten Regalsysteme zerstörten die angestrebte offene Raumwirkung, während der Architekturkritiker Julius Posener diesen Eindruck noch weiter zuspitzte: „Die Staatsbibliothek ist nicht leer, im Gegenteil, sie wirkt überfüllt: überfüllt mit Bücherregalen.“ Allerdings war die Utopie eines den digitalen Hyperspace antizipierenden Raumkontinuums nicht alleine ästhetischen Prinzipien geschuldet, sah sich Scharoun, so Edgar Wisniewski, doch vor die Aufgabe gestellt, „einen Raum zu entwickeln, in dem Information und wissenschaftliches Studium, anonyme Individualität und Gemeinschaftliches, räumliche Transzendenz und Geborgenheit in kreativem Verhältnis sich begegnen.“ Zwar war das ihrem Lesesaal inhärente Vernetzungspotential kaum zu übersehen – so beschrieb der Architekturtheoretiker Manfred Speidel bereits kurze Zeit nach ihrer Fertigstellung die Staatsbibliothek als Raum, „dessen Erlebniswert auf der Bildung von Bereichen und von Beziehungen im Inneren und nach außen beruht.“ Doch sollte unter den Bedingungen des Benutzungsbetriebs Scharouns Bibliotheksvision Utopie bleiben, wovon die Umwidmung des von ihm als peripatetisch-kommunikativer Wandelgang geplanten Ostfoyers der Leselandschaft in eine Stillarbeitsfläche bis heute Zeugnis ablegt.

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Der Rohbau des Lesesaals der Staatsbibliothek.

© buk, Reinhard Friedrich, um 1973

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Das Ostfoyer der Staatsbibliothek im Rohbauzustand.

© buk, Reinhard Friedrich, um 1973